Die oben erwähnten Beobachtungen können im Vergleich mit verschiedenen Definitionen von „Religion“ beurteilt werden. Drei werden hier verwendet. Die erste ist die Definition, die von einem kalifornischen Gericht im Fall Fellowship of Humanity umrissen wurde. Das Gericht schrieb:
„Religion beinhaltet einfach Folgendes:
(1) Einen Glauben, der sich nicht notwendigerweise auf übernatürliche Kräfte bezieht; (2) einen Kult, der eine gesellige Vereinigung erfordert, die offen diese Glaubensvorstellung ausdrückt; (3) ein System ethischer Praktiken, das direkt aus dem Festhalten an der Glaubensvorstellung herrührt; und (4) eine Organisation innerhalb des Kults, die dazu bestimmt ist, die Grundsätze des Glaubens zu befolgen.“
153 Cal. App. 2d bei 693 (1957) (Markierung durch den Autor)
A) „Einen Glauben, der sich nicht notwendigerweise auf übernatürliche Kräfte bezieht.“ Das Gericht gibt nicht an, auf was für eine Stufe eines Glaubens Bezug genommen wird, aber Religion hat sich traditionell mit „elementaren“ Fragen beschäftigt, wie beispielsweise der Frage nach dem Sinn und Zweck des Lebens, der Natur und dem Schicksal des Universums, ob das Leben nach dem Tode weitergeht usw. Scientology stellt ein ausgefeiltes begriffliches Rahmenwerk zur Verfügung, innerhalb dessen einige dieser Arten von Fragen beantwortet zu werden scheinen. Die Sorgen der Anhänger darüber scheinen zerstreut zu werden, auch wenn nicht alle Fragen ausdrücklich angesprochen werden. Scientology beschäftigt sich jedoch sehr explizit mit der Frage des Todes, und zwar in etwas ähnlicher Weise wie der Neuplatonismus und die Christliche Wissenschaft (indem die Wirklichkeit oder Bedeutung des Körpers abgelehnt wird) und einige fernöstliche Traditionen (Wiedergeburt in aufeinanderfolgenden Körpern). Wie bei einigen anderen Religionen (Buddhismus, Konfuzianismus, Taoismus) kommen bei ihr zwei Ordnungen oder Stufen der Existenz, die natürliche und die übernatürliche, nicht in Betracht, sondern nur eine einzige. Sie gibt keinen detaillierten begrifflichen Inhalt für die „Achte Dynamik“ oder das „Höchste Wesen“, lässt aber Raum dafür, im Unterschied zu einigen Gruppen, die von der Rechtsprechung als Religionen charakterisiert wurden (Fellowship of Humanity, Washington Ethical Society (249 F. 2d 127), Ethical Culture and Secular Humanism (Torcaso vs Watkins, Fußnote, 367 U.S. 488)).
B) „Einen Kult, der eine gesellige Vereinigung erfordert, die offen diese Glaubensvorstellung ausdrückt.“ Was wird hier unter einem „Kult“ verstanden? Das Oxford English Dictionary definiert „Kult“ als:
1. Verehrung – 1683.
2. Eine bestimmte Form religiöser Anbetung, d. h. Gottesdienst; besonders in Bezug auf seine äußerlichen Riten und Zeremonien – 1679.
Die Scientology Kirche erhebt keinen Anspruch, einen Gottesdienst im judaistisch-christlichen Sinne abzuhalten. Es gibt eine Kapelle in allen Einrichtungen der Scientology, wo sich sonntags ein paar Scientologen versammeln, um sich einen Vortrag oder Tonbänder über ein bestimmtes Thema anzuhören. Die Befragten schienen nicht der Ansicht zu sein, dass dieser Brauch im Schema der Scientology von großer Bedeutung war oder dass dort ein konventioneller Gottesdienst stattfand.
Die Gesamtheit von Scientology jedoch ist „eine gesellige Vereinigung, die offen diese Glaubensvorstellung ausdrückt“, und verschiedene gemeinschaftliche Versammlungen (einschließlich der Dienste in den Kapellen) sind „gesellige“ (im Gegensatz zu individuellen oder zwei Personen umfassenden) Aktivitäten. Diese werden ausdrücklich als Ereignisse der „Dritten Dynamik“ (Gruppenleben) charakterisiert.
C) „Ein System ethischer Praktiken, das direkt aus dem Festhalten an der Glaubensvorstellung herrührt.“ Scientology besitzt einen umfangreichen Schatz an Literatur über „Ethik“ – was gemeint zu sein scheint, wenn das Gericht von ethischer „Praktik“ spricht. Sie hat sogar „Ethik-Beauftragte“ zur Beratung von Anhängern, die möglicherweise von den ethischen Normen, die von der Gruppe verkündet werden, abgewichen sind. (Im Widerspruch zur Behauptung des Gerichts gibt es allgemein anerkannte Religionen – Animismus, einige Arten des Hinduismus usw. –, die keine ethische Dimension besitzen, auch wenn sie in der Regel ein (nicht-ethisches) System des Verhaltens oder Handelns für Gläubige vermitteln, das einen rituellen oder besänftigenden Charakter hat.)
D) „Eine Organisation innerhalb des Kults, die dazu bestimmt ist, die Grundsätze des Glaubens zu befolgen.“ Wenn Scientology irgendetwas ist, dann sicher eine riesige und ausgeklügelte „Organisation ..., die dazu bestimmt ist, die Grundsätze des Glaubens zu befolgen“. (Falls „Kult“ „Gottesdienst“ bedeutet, dann ist es schwierig zu verstehen, was „innerhalb des Kults“ bedeuten kann.) Jede Scientology Einrichtung hat eine große Wandtafel, auf der Spalte um Spalte die Ämter oder Funktionen aufgeführt sind, in einigen Fällen mit Personal bei Tag und abends. (Es sind nicht unbedingt alle Positionen zu jedem Zeitpunkt besetzt, aber bei den meisten scheint das die meiste Zeit über der Fall zu sein.) Diese riesige und dichtbesetzte Organisation existiert, um die Arbeit von Scientology auszuführen, die im Wesentlichen in der Rekrutierung von Anhängern und deren Ausbildung in den Praktiken der Scientology besteht. Ob diese Praktiken „Religion“ sind oder nicht, wird jedoch nicht dadurch entschieden, ob eine Organisation dafür da ist, um sie durchzuführen, sondern dadurch, was die Praktik selbst darstellt und welche Art von Glaubensvorstellungen sie befolgt und verkündet, wovon der obige Punkt A handelt.
Die Definition von „Religion“, die so „einfach“ vom Gericht in Fellowship of Humanity verwendet wurde, ist für unsere Zwecke nicht völlig schlüssig, da sie einige Elemente (Gottesdienst, Ethik) umfasst, die nicht ausnahmslos unter anerkannten Religionen anzutreffen sind, und da sie in ihrer Verwendung von Begriffen nicht ganz deutlich oder in sich konsistent ist: Bedeutet „Kult“ in (2) dasselbe wie „Kult“ in (4)? In welcher Weise unterscheidet sich eine „gesellige Vereinigung“ (2) von „einer Organisation innerhalb des Kults“ (4)? Die Definition sagt nicht ausdrücklich, welche Art von „Glaube“ religiös ist, im Unterschied zu philosophisch, ethisch, psychologisch, politisch oder technologisch; eine weitergehende Klarstellung erscheint daher notwendig.