Eine Eheschließung, die landläufig als eine religiöse und in der Kirche zu vollziehende Zeremonie angesehen wird, ist nicht in erster Linie religiös. Sie ist ein weltlicher Vertrag zwischen zwei einwilligenden Parteien und in Anwesenheit zweier Zeugen. Die frühe Kirche erkannte dies und folgte der staatlichen Praxis während mehrerer Jahrhunderte, wenn auch oft mit einem späteren kirchlichen Segen. Erst das Konzil von Trent entschied nach der Reformation, dass eine christliche Heirat in einer Kirche und von einem Priester vollzogen werden muss. Moderne Protestanten und Missionare, die den Konvertiten eine kirchliche Heirat aufzuerlegen versuchten, folgten damit den Dekreten von Trent. Selbst wenn die Heirat als ein Sakrament betrachtet wird, so sind ein Priester und eine Kirche für ihre Gültigkeit in der christlichen Theologie nicht entscheidend. Die Zelebranten des Sakraments sind der Ehemann und die Ehefrau, die ein gegenseitiges Gelübde ablegen, und dies kann in gewissenhafter Weise an jedem Ort geschehen.
Es gibt zahlreiche Länder, die eine christliche Tradition besitzen, jedoch darauf bestehen, dass Trauzeremonien von einer weltlichen Autorität, einem Standesbeamten, Magistrat oder Bürgermeister durchgeführt werden. Selbst dort, wo es eine etablierte Kirche gibt, können Trauungen in anderen kirchlichen Räumen oder von einem Standesbeamten vollzogen werden. Es ist daher nicht die kirchliche Zeremonie der Eheschließung der Scientology, bei der wir nach einem Beweis für religiösen Glauben und Brauch suchen sollten.
Die zwei bedeutendsten Gottesdienste sind die Taufe oder Namensgebung von Kindern, und das Begräbnis der Verstorbenen. Die damit verbundenen Glaubensvorstellungen reichen tief in unsere Natur und Geschichte und bilden die am weitesten verbreiteten Sakramente der Menschheit. Die Scientology glaubt an den Thetan, ihr eigenes Wort für die unsterbliche Seele, das vom achten Buchstaben des griechischen Alphabets, theta, abgeleitet ist, vielleicht auch angesichts dessen symbolischer ovaler Form. Der Gottesdienst besagt, dass „es der Hauptzweck einer Namensgebungszeremonie ist, der Orientierung des Thetans Hilfestellung zu leisten. Er hat vor kurzem seinen neuen Körper übernommen“. Der Thetan wird seinem Körper, seinen Eltern und seinen Paten vorgestellt. Offensichtlich handelt es sich hier um eine geistliche und nicht um eine materialistische Zeremonie.
In ähnlicher Weise erhebt der Begräbnisgottesdienst der Scientology geistliche Ansprüche. Der Seele wird zu einem zukünftigen Leben geholfen: „Geh nun, lieber (Verstorbener), und lebe noch einmal, in einer glücklicheren Zeit und an einem glücklicheren Ort.“ Der Glaube an eine Art spiritueller Natur im Menschen, die den Tod überlebt, ist vielleicht die älteste und gängigste religiöse Glaubensvorstellung der Menschheit. Es gibt wahrscheinlich keinen Stamm oder kein Volk, das nicht in der einen oder anderen Form an ein Leben nach dem Tode geglaubt hat, und das Vorhandensein einer solchen Glaubensvorstellung ist ein sehr deutliches Zeichen einer Religion.
Die alten Ägypter (nicht die modernen, die Moslems sind) glaubten an Seelen und Götter und waren religiös, wie es die Buddhisten sind, die streng genommen weder an das eine noch das andere glauben, zumindest nicht in einem westlichen Sinne. Aber beide besaßen Rituale, denen sich Scientology bewusst annähert.